Von Brigitte Schäfer
Kennen Sie die Beginen? Beginen waren eine von Frauen selbstbestimmte Wohn- und Arbeitsbewegung, die im 12. Jahrhundert ihren Anfang nahm und sich europaweit in größeren und kleineren Städten etablierte. Die Beginen waren eine semireligiöse Frauengemeinschaft, d.h. sie waren keine Nonnen und unterlagen dem Zölibat, waren aber dem christlichen Glauben verbunden. Sie waren selbstbestimmt, d.h. gründeten ihren eigenen Wohn- und Arbeitsgemeinschaften mit der Wahl einer Sprecherin/Vorsitzenden oder im französischen/ Flämischen “Grande Dame”. Sie lebten zusammen in großen Häusern, aber auch alleine in ihrem Elternhaus und trugen eine Beginentracht, die einer Nonnentracht ähnelte. Um einer Zwangsehe, einer Fronarbeit unter einem Fürsten/ Landesherrn oder einem streng geregelten Leben in einem Kloster zu entgehen, schlossen sich die Beginen zusammen und arbeiteten gemeinsam in der Pflege, im Handwerk und der Bildung. Dabei war ihnen vor allen die Bildung von Mädchen ein wichtiges Anliegen, wurden doch Mädchen bis ins 17. Jahrhundert hinein von der allgemeinen Bildung ausgeschlossen. Sie bildeten junge Frauen im Handwerk und Pflege aus; so waren z.B. in der Seidenstickerei die Kirche und und wohlhabende BürgerInnen ihre Zielgruppe. Einer der Gründungsstädte der Beginenbewegung war Köln! Hier waren nach neuesten Forschungen über einhundertsiebzig Beginenhäuser nachweisbar, ein wirtschaftliches und soziales Potenzial, das Wesentliches zum Leben in Köln und anderen Städten beitrug und sich zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor entwickelte. Beginen konnten die Gemeinschaften jederzeit wieder verlassen und in ihre Familien zurück kehren, heiraten oder in ein streng geregeltes Nonnenleben eintreten.
Wurden die Beginen zu Beginn ihrer Entstehung von der katholischen Kirche noch unterstützt und erhielten Privilegien wie Steuerfreiheit (wie alle Klöster auch) und im Rahmen der sich stetig entwickelnden Armutsbewegungen toleriert, wurden sie im Laufe der Jahrhunderte (zwangsweise) immer mehr in die katholischen Strukturen und (frauenfeindliche) Gesetze eingebunden. Sie wurden mit der kirchlichen Forderung konfrontiert, entweder die BeginenGemeinschaft vollständig aufzugeben oder sich unter die “Obhut” der katholischen Kirche zu begeben und Nonnen (mit Zölibat etc.) zu werden. Viele noch heute tätige Nonnengemeinschaften wie in Köln z.B. die Cellitinnen (mit Krankenhaus und Pflegeeinrichtungen) berufen sich auf ihre Herkunft als Beginen! Wiederholt werden Beginen als “DIE Sozialarbeiterinnen des Mittelalters” bezeichnet, sie waren aber auch eine starke Frauenbewegung, die Frauen die einmalige Möglichkeit bot, sich für ein selbstbestimmtes Leben zu entscheiden. Baulich nachweisbar sind große Beginengemeinschaften vor allen noch in den protestantischen Ländern wie den Niederlanden und Belgien, die letzte traditionell lebende Begine starb dort Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts. Sollten Sie einmal in die Niederlande oder Belgien fahren können Sie die dortigen, noch vorhandenen Beginenhäuser besichtigen, die teilweise Stadtteile “einnehmen” wie in Leuven/Belgien den “Großen Beginenhof” oder der große Beginenhof in Amsterdam. Im Internet lassen sich sehr viele Beginenaktivitäten durch die Jahrhunderte nachlesen, vielleicht sogar in Ihrer Geburtsstadt? Der Kölner Frauengeschichtsverein bietet dazu auch Führungen an. Aber die Beginen-Wohnbewegung lebt weiter und hat sich im 21. Jahrhundert wieder auf das Miteinander und Wohnen besonnen. Bundesweit organisieren Frauen Beginenhäuser – oder höfe, in denen sie – ohne sich einer kirchlichen Gemeinschaft angliedern zu müssen – selbstbestimmt leben. Gemeinschaftliches Wohnen und Miteinander, kulturelle Unternehmungen, sportliche Aktivitäten und gesundheitliche Vorsorgen stehen dabei im Mittelpunkt; gewerbliche von Frauen geführte Büros, Vereins- und Veranstaltungsräume ergänzen oft das Angebot
So hat sich seit über 5 Jahren in Köln-Widdersdorf der Beginenhof mit 27 Wohneinheiten erfolgreich etabliert, ein zweites Wohnprojekt, die BeginenVilla mit 25-30 Wohneinheiten ist in Planung und findet reichlich Zuspruch. Ein bundesweites Netzwerk der Beginenhäuser veranstaltet neben kulturellen Angeboten auch Reisen zu historischen Beginenaktivitäten. Der Verein Beginen Köln e.V. lädt Sie in 2021 ein, mehr über die Beginen zu erfahren. In der geplanten Veranstaltungsreihe “BeginenSalon” wird am 9.3.2021 die Geschichte der Beginen und der Beginenhof sowie das zukünftige Wohnprojekt BeginenVilla vorgestellt. Weitere BeginenSalon-Veranstaltungen entnehmen Sie dem nächsten Rundbrief. Die Beginen Köln freuen sich über Ihr Interesse und einen spannenden Austausch.