Von Christiane Möschle (Text und Fotos) und Marianne Lennartz (Text)
Weil die Finnen zu den eifrigsten Zeitungslesern der Welt gehören und ebenso häufig die Nachrichten im Fernsehen verfolgen, wissen sie sehr genau Bescheid darüber, was im Rest der Welt geschieht. Doch was weiß der Rest der Welt von den Finnen? Um das zu erfahren, haben wir uns auf den Weg zum Kulturtreffen des Internationalen Lyceum Club nach Oulu gemacht. Nördlich von Oulu beginnt Lappland, wir sind also ganz weit im Norden in der sechsgrößten Stadt des Landes. Als wir nachmittags am Flughafen Oulu ankommen, begrüßt uns ein strahlend blauer Himmel, aber auch ein frischer Wind, denn es hat nur 16 Grad. Es windet eigentlich immer in Finnland, an keinem Tag unserer zwölftägigen Reise war es windstill.
An das finnische Licht und die klare Luft muss ich mich erst gewöhnen. Ein bißchen fühlt es sich hier in Oulu an, als wäre man im Hochgebirge. Man spürt die dünne, klare Polarluft, und auch das Licht ist gleißender. Die Sonne geht zwar kurz nach Mitternacht unter, aber schon nach zwei Stunden wieder auf, es wird nicht dunkel. Abends um zehn gehen die Menschen noch im Park gegenüber von unserem Hotel spazieren. Man verliert das Gefühl für die Zeit, wird nicht müde, und so ist die erste Nacht in Oulu sehr kurz.
Was sofort auffällt, als wir am nächsten Morgen von unserem Hotel in die Innenstadt laufen, ist die Ruhe. Die Autofahrer halten sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung, es gibt kein Gehupe, kein Gedränge und keine Hektik. Die Menschen sind entspannt, und obwohl wir uns im Zentrum einer Stadt mit fast zweihunderttausend Einwohnern befinden, fühlt man sich, als wäre man in einem Dorf. Wir haben Zeit bis 16Uhr, erst dann treffen wir uns im Hotel zur Registrierung.
Das Stadtbild von Oulu ist weitgehend modern. Nach einem Großfeuer im Jahr 1822 wurde die Stadt von dem deutschen Architekten Carl Ludwig Engel, dessen Gebäude man in jeder finnischen Stadt findet, wieder aufgebaut.
Engel wurde 1778 in Berlin-Charlottenburg geboren und studierte mit Friedrich Schinkel an der Berliner Bauakademie. 1809 verschlug es ihn nach Reval und St. Petersburg, von dort in die frühere finnische Hauptstadt Turku und 1816 schließlich nach Helsinki. Zar Alexander I. ernannte ihn zum Architekten des Baukomitees von Helsinki, wo er etwa dreißig öffentlich Gebäude entwarf (u.a. die Universität mit Bibliothek, die Domkirche und den Senatsplatz). 1824 wurde er oberster Leiter der finnischen Baubehörde und war damit für das gesamte architektonische Geschehen in Finnland zuständig. Auch Oulu trägt seine Handschrift und am Marktplatz finden sich noch ein paar neoklassizistische Gebäude von Engel und auch der Dom trägt in seiner jetzigen Form seine Handschrift, genauso wie das gegenüberliegende Gymnasium.
Sowieso verbindet Deutschland und Finnland sehr viel miteinander. Auch wenn sie keine gemeinsame Grenze haben, so bestehen schon seit mindestens tausend Jahren hauptsächlich friedliche Kontakte zwischen den beiden Ländern und man trieb Handel miteinander. Das finnische Wort saksa, abgeleitet vom Stamm der Sachsen, bedeutete früher Kaufmann. Heute ist es das Wort für Deutschland. Die Hanse schuf sich auch in Finnland Stützpunkte, einen davon in Turku, die zweite Station auf unserer Reise.
Das erste finnische Buch, das Missale Aboense wurde 1488 in Lübeck gedruckt, ein deutscher protestantischer Bischof brachte den Finnen 1543 die Schriftsprache bei, der Deutsche Peter Wald gründete 1642 in Turku die erste finnische Druckerei, die erste finnische Oper, Die Jagd König Karls. komponierte ein Deutscher, Friedrich Pacius, der auch die finnische Nationalhymne komponierte. Bertolt Brecht verlebte ab 1940 dreizehn Monate seines Exils in Finnland, und so gäbe es noch viele Beispiele aufzuzählen.
Derzeit leben etwa 4500 Deutsche in Finnland, und in Helsinki ist es sogar möglich als Deutscher komplett unter Deutschen zu leben und seine Kinder einen deutschen Kindergarten oder eine deutsche Schule besuchen zu lassen. Es gibt eine deutsche Kirche, ein deutsches Altenheim, einen deutschen Tierarzt, deutsche Friedhöfe und deutsche Restaurants. Erst seit den 1980er Jahren ist Englisch die erste Fremdsprache in Finnland, vorher war es deutsch. Darum treffen wir auch viele Lyceinnen, die noch immer gut deutsch sprechen, weil sie es in der Schule gelernt haben.
Doch zurück nach Oulu. Die Geschichte der Stadt als Marktort reicht bis ins Mittelalter zurück. Damals brachte man den in den Urwäldern hergestellten Teer mit Booten zur Mündung des Oulujoki und verschiffte ihn, woraus sich das wirtschaftliche Standbein von Oulu entwickelte. Die Stadt stieg im 18./19. Jahrhundert zu einem der weltweit größten Teerexporthäfen auf. Sogar die großen napoleonischen Kriege waren auf den Teer aus den nordfinnischen Wäldern angewiesen, wodurch Oulu ein wenig Weltgeschichte mitgeschrieben hat. Nach der großen Zeit des Teerexports gesellten sich zu sonstiger Industrie und Handel vor allem ab 1959 die Universität und ein Forschungs- und Technologiezentrum hinzu, so dass Oulu auch in Zukunft seine traditionelle Rolle als intellektueller Kristallisationspunkt Nordfinnlands spielen wird.
Wir laufen von unserem Hotel die Torikatu hinunter zum Marktplatz, dem Kauppatori, mit seiner schönen Markthalle, der Kauppahalli, in der lokale Spezialitäten wie Rentierfleisch oder auch Kunstgewerbe angeboten werden. Bewacht wird das Marktgeschehen vom gemütlichen Polizisten, dem Toripolliisi, einer großen Statue und beliebtem Fotomotiv.
Hier unten am Marktplatz, an den das moderne Theater und die Bibliothek angrenzen, finden sich auch viele Spuren von Finnlands russischer und schwedischer Vergangenheit, Holzhäuser und ehemalige Fischerhütten.
Der Marktpolizist Torripolliisi und die Markthalle von Oulu am Marktplatz.
An unserem ersten Tag in Oulu wurden wir mit strahlendem Sonnenschein und einem tiefblauen Himmel verwöhnt, auch wenn die 17 Grad beim stets wehenden Wind recht kühl sind. Nach der Registrierung im Lappland Hotel haben wir uns auf den Weg ins Rathaus zum Empfang des ILC Oulu gemacht, dem Auftakt des Kulturtreffens. Nimmt man regelmäßig an Kultur- oder Welttreffen des ILC teil, so trifft man immer wieder auf vertraute Gesichter aus der ganzen Welt. So auch hier. Vor allem Lyceinnen aus Australien, Neuseeland, der Schweiz und Frankreich sind Stammgast bei diesen Treffen. Die deutsche Delegation war in diesem Jahr aber auch recht groß. Außer unserer Reisegruppe mit Lyceinnen aus Aachen, Hamburg, Stuttgart, Konstanz, Karlsruhe und Köln, nahmen die deutsche Föderationspräsidentin Dorette Schuppert vom ILC Berlin, sowie zwei weitere Berlinerinnen am Kulturtreffen teil.
Eintreffen der Gäste und Empfang im festlichen Saal im Obergeschoß des Rathauses und Lyceinnen aus Köln und Aachen vor dem Lappland Hotel.
Am nächsten Tag war es leider vorbei mit dem Sonnenschein, es regnete in Strömen. Und das am
Ausflugstag, Da die Finnen es als solide Charaktereigenschaft verbuchen, wenn man sich bei jedem Wetter gern draußen aufhält, können wir uns heute bei diesem Wetter von unserer gastgeberfreundlichen Seite zeigen. Man hatte die Wahl zwischen einem Ausflug auf die Insel Hailuoto oder einer Zeitreise in das Kulturgebiet am Fluss Oulujoki im Freilichtmuseum Turkansaari. Dieser Ausflug führte auch in das Dorf Muhos und in das von Alvar Aalto eingerichtete Gästehaus Leppiniemi, einer Perle finnischen Designs. Ein weiterer Ausflug führte zu den Schätzen aus der Vergangenheit, zu alten Holzkirchen im Umland von Oulu. Außerdem konnte man sich für einen Stadtrundgang durch Oulu anmelden.
Ich habe mich für einen Ausflug auf die Insel Hailuoto entschieden. Sie liegt im Bottnischen Meerbusen westlich von Oulu und wird von etwa 1000 Menschen bewohnt. Die Überfahrt mit der Fähre dauert 25 Minuten. Ein Drittel der Insel ist Vogelschutzgebiet, auch Sand- und Dünenlandschaften der Insel stehen unter Naturschutz. Besonders schön soll das Licht auf dieser Insel sein, was wir leider ob des verregneten Wetters nicht erleben können. Hailuoto ist eine von 179 584 Inseln, die es in Finnland gibt.
Ein Ausflug nach Hailuoto ist vor allem ein Ausflug in die finnische Natur. Finnland gehört zu den Unberührtesten Ländern Europas. Auf einer Fläche, die etwas größer ist als die von Deutschland verteilen sich 5,4 Millionen Einwohner. Deutschland gehört im Gegensatz dazu mit seinen knapp 83 Millionen Einwohnern zu den meistbetonierten Ländern. Wasser, Wald und Fels bestimmen das Landschaftsbild Finnlands. Mehr als zwei Drittel Finnlands sind mit Bäumen bedeckt, das ist der höchste Waldanteil in Europa, hauptsächlich Mischwälder, die von Birken und Kiefern dominiert werden. Auch auf Hailuoto können diese Baumarten, auf dem sandigen Boden gut wachsen.
Unser erstes Ziel auf der Insel ist das Wohn- und Atelierhaus der finnischen Künstlerin Anni Apinoja, die auf der Insel geboren wurde und nach ihrem Studium wieder zurückgekehrt ist.
Ihre Inspiration und auch ihre Materialien findet sie in der Natur. Vor allem aus Flechten, die auf der Insel reichhaltig und gut gedeihen, gestaltet sie Hüte, Mäntel, Taschen. Anni Rapinoja empfindet sich als Medium für die Botschaft der Natur. Natürliche Materialien wie Knochen, Blätter, Zweige, Flechten, Geräusche und Licht – all das verarbeitet sie in ihren Kunstwerken. Wachstum, Leben, Wandel und Sterben, darum dreht sich ihr künstlerisches Schaffen. Ein sehr interessanter Besuch bei einer außergewöhnlichen Frau.
Das Haus der finnischen Künstlerin Anni Rapinoja. In Finnland ist es normal, dass man sich gegenseitig zu Hause besucht. Allerdings nicht spontan, sondern angekündigt und geplant. Man nennt das auf finnisch käydä kylässä, was so viel bedeutet wie „zu jemanden ins Dorf kommen“. Man sollte, bevor man ein Haus oder eine Wohnung betritt, auf jeden Fall die Schuhe ausziehen. Dieser Brauch hat seinen Ursprung im oft schlechten Wetter. Aber es gibt noch einen anderen Grund dafür: es ist ein Akt der Unterwerfung, ein Symbol dafür, dass man die Regeln des Gastgebers oder der Gastgeberin akzeptiert, und dass man die Wohnung als heiligen Ort respektiert, in dem man nicht mit groben Schuhen herumpoltert. Außerdem sind barfüßige Menschen wesentlich milder gestimmt. Man sollte also wohlriechende Füßen und Strümpfe haben, wenn man bei Finnen zu Besuch ist. Auch wir müssen ganz selbstverständlich die Schuhe ausziehen, bevor wir das Haus von Anni betreten dürfen.
Anni Rapinoja und einige ihrer Kunstwerke aus Blättern, Weidenkätzchen und Flechten.
Unsere nächste Station ist eine kleine Brauerei, die Hailuodon Panimo, die einen deutschen Braumeister hat, auf deutsche Art Bier braut und sogar die Zutaten aus Deutschland bezieht.
Die Brauerei Hailuodon Panimo von außen und von innen.
Wer kein Bier probieren wollte, konnte sich im Kunsthandwerkerladen Luovon Puoji gegenüber der Brauerei verweilen. Das Mittagessen wurde uns in einer alten typisch bottnischen Darre (Scheune) serviert, dem „Gasthaus des blauen Reigens“. Es gab eine wunderbare Lachssuppe mit Kartoffelstückchen, Karotten und Dill, die uns ganz unkompliziert aus einem großen Kochtopf serviert wurde. Zum Nachtisch hausgemachten Kuchen, dazu Beerenlimonade.
Nach dem Essen, es regnet immer noch in Strömen, fahren wir in ein Fischerdorf, nach Marjaniemi. Es gibt nur eine einzige Straße, die über die Insel führt. An ihrem östlichen Ende kommt man mit der Fähre vom Festland an und am westlichen liegt dieses kleine Dorf mit alten Holzhütten, einem kleinen Hafen und einem langen Sandstrand. Wir können uns nur kurz aufhalten, außerdem hält der Regen auch viele Lyceinnen in den Bussen, wir müssen zurück zur Fähre, bevor wir die letzte verpassen. Das Galadinner beginnt um 20 Uhr!
Das Fischerdorf Marjaniemi im Westen der Insel Hailuoto. Der Leuchturm stammt aus dem Jahr 1871.
Marianne Lennartz hat sich für die Zeitreise in das Kulturgebiet am Fluss Oulujoki entschieden, wo das idyllische Freilichtmuseum Turkansaari mit historischem ländlichen Ambiente aufwartete. Historische Gebäude und vor allem die mehr als 300 Jahre alte Kirche geben einen Einblick in die Geschichte der Gegend. Im Museum wird auch die traditionelle Teererzeugung vorgestellt, die früher ein wichtiger Erwerbszweig und Quelle des Wohlstands war.
Ein finnisches Sprichwort lautet. Wenn Schnaps, Teer und Sauna nicht helfen, dann ist die Krankheit tödlich. Im 17. und 18. Jahrhundert war Teer der wichtigste Exportartikel Finnlands. Teer war notwendig zum Abdichten der Schiffsplanken und zum wasserdichten Imprägnieren von Bauholz, Seilen und anderen Materialien. Bevor die Produktion von Teer aus Erdöl üblich wurde, war Holz das Ausgangsmaterial für die Gewinnung von Teer. Wie das gemacht wurde, konnten wir im Freilichtmuseum Turkansaari erfahren.
Nach der Besichtigung der fast 400 Jahre alten Holzkirche in Muhos, mit zahlreichen biblischen Bildmotiven und wertvoller Ausstattung, und vor dem Besuch der bemerkenswerten Kunstgalerie von Terttu Jurvakainen durften wir eine wunderbare Mittagspause im ehemaligen Gästehaus eines Elektrizitätswerkes genießen. Der Bungalow in einem Birkenhain stammt aus den 1940er Jahren von dem Architekten Aarne Ervi und die Inneneinrichtung war von Alvar Aalto. Hugo Alvar Henrik Aalto (1898-1976), war ein finnischer Architekt, Stadtplaner und Möbeldesigner. Er wurde durch seine besonderen Konzeptionen im Bereich des organischen Bauens bekannt und wird in vielen nordischen Ländern als „Vater des Modernismus“ sowie als Pionier der finnischen Architektur angesehen. Die Gästezimmer und auch die ehemalige Präsidentensuite waren schlicht wie die Zimmer in einem Studentenwohnheim in den 60er Jahren. Aber der Salon, wo uns der Kaffee nach dem Lunch gereicht wurde, mit den großen Fenstern, den schwarzen Sofas und roten Sesseln, vermittelte eine derartige Wohlfühl-Atmosphäre, dass wir alle ganz begeistert waren. Kein Schnickschnack, kein Protz, aber einfach nur perfekt. Das genügt.
Das Galadinner fand im Restaurant Nallikari, etwas außerhalb von Oulu statt. Wir wurden begrüßt mit Sekt, den wir aus einer Piccolo-Flasche mit Strohhalm tranken. Dem unkomplizierten finnischen Lifestyle begegnen wir auf unserer Reise immer wieder, und er ist durchaus erfrischend und entspannt.
Traditionell werden bei den Galadinners die Lyceinnen unterschiedlicher Clubs und Länder an den Tischen verteilt. So hat man die Möglichkeit, Damen aus aller Welt kennenzulernen und sich auszutauschen.
Zwei Vertreterinnen des neu gegründeten Lyceum Club Rabat waren aus Marokko angereist. Die Damen fielen einem mit ihren eleganten, langen bunten Seidenkleidern sofort ins Auge. Schon jetzt freue ich mich auf das Kulturtreffen 2021, das in Marokko stattfinden wird.
Über das finnische Essen hört man meist nicht viel Gutes. Doch das scheint mir ein Vorurteil zu sein. Wir haben in den zwölf Tagen in Finnland immer sehr gut gegessen, so auch an diesem Abend im Restaurant Nallikari.
Wer gern Fisch isst, ist in Finnland gut aufgehoben, denn es gibt viele gute Speisefische. Aber auch Rentierfleisch ist eine besondere Delikatesse, das dunkle, leicht süße finnische Brot schmeckt köstlich und die finnischen Kartoffeln sind eine Delikatesse. Außerdem gibt es in hier sehr gutes Hefegebäck und ganz viel Eis. Auch im Winter konsumieren die Finnen unglaublich viel Eis. Überall findet man einen Eis- Kiosk.
Eiskiosk – Jäätelökioski – zwischen Theater und Bibliothek in Oulu und beim Sibelius-Denkmal in Helsinki.
Außerdem verbrauchen die Finnen mit Abstand den meisten Kaffee nicht nur europaweit, sondern auch weltweit. Die Italiener haben einen Pro-Kopf-Rohkaffeeverbrauch von etwa 5,8 Kilogramm pro Jahr, die Deutschen etwa 7 Kilogramm und die Finnen 12,2 Kilogramm. Vermutlich benötigen die Finnen so viel Kaffee in einem Land, in dem es im Winter nicht hell und im Sommer nicht dunkel wird, um wach zu bleiben!
Das Menü, das uns an diesem Abend serviert wurde, bestand aus vier Gängen: als Vorspeise gegrilltem Saibling mit grünem Spargel einer Dill-Majonnaise und marinierten Zwiebeln, als Hauptgang ein gegrilltes Entrecoute vom Black Angus an einer Pfeffersauce mit Frühkartoffeln, als Zwischengang etwas finnischen Käse mit Sanddornkompott und Knäckebrot und zum Dessert einen Schokoladenkuchen mit Erdbeermousse, Erdbeersirup und Erdbeere.
Apropos Erdbeere: noch nie habe ich so gute Erdbeeren wie in Finnland gegessen. Als wir in Helsinki vom ILC Helsinki empfangen wurden, standen zwei große Schüsseln mit köstlich aromatischen, kleinen Erdbeeren auf dem Buffet. Im ersten Augenblick vielleicht etwas befremdlich. Wer würde in Deutschland zwei Schüsseln Erdbeeren mit Strunk auf ein Buffet stellen? Doch hat man diese Erdbeeren probiert, dann weiß man, was für eine Delikatesse einem serviert wird. Mit Finnland verbindet man nicht unbedingt den Anbau von Erdbeeren. Viel Regen, wenig Sonne, doch wenn die Sonne scheint, dann den ganzen Tag. Die Beeren bekommen 24 Stunden Licht in einem zwar kurzen, aber intensiven Sommer. Sie haben ein festes Fruchtfleisch, eine recht dunkle Farbe und ein unvergleichliches Aroma.
Wie immer werden an so einem Galadinner viele Reden gehalten. Unsere Weltpräsidentin Ingrid von Rosen begrüßte die Gäste und bedankte sich bei den Organisatorinnen.
Mit dem neuen Club in Marokko sind wir nun in 18 Ländern der Welt vertreten, und zum ersten Mal ist ein islamisches Land in unserer Gemeinschaft vertreten.
Ein historisches Ereignis mit politischer Dimension, ist es doch um die Frauenrechte in Marokko noch nicht ganz so gut bestellt wie bei uns.
Die Präsidentinnen der nördlichen und der südlichen Hemisphäre, Muriel Hannart vom ILC Troyes und Joyce Young aus Australien, hielten eine sehr unterhaltsame Rede in unseren drei Clubsprachen – eine schöne und passende Idee.
Die Präsidentin des ILC Oulu, Päivi Kytömäki, brachte uns die finnische Lebensart ein wenig näher. Sie erzählte uns von der finnischen Tradition, den Sommer im Ferienhaus zu verbringen. Praktisch jeder Finne besitzt ein mökki. In keinem anderen Land existieren pro Kopf so viele Zweitwohnungen wie hier. Jeden Sommer gibt es eine Art Exodus in die Wälder und an die Seen zurück in eine primitive, glückliche Welt, in der man sein Essen selbst angelt, pflückt oder sucht (Fische, Beeren, Pilze). Auch Päivi besitzt ein mökki und meinte, dass die Finnen so sind wie sie sind, weil sie näher an und mit der Natur leben würden. Wie sind die Finnen? Dazu nur so viel: es gibt den Winterfinnen und den Sommerfinnen. Im Winter lebt der Finne in seiner Höhle, seiner Wohnung oder seinem Haus, und leidet an der kaamosmasennus, der Winterdepression oder der saisonal-affektiven Störung. Er geht gebückt, den Blick zu Boden gesenkt, ist ständig müde, reizbar, trinkt oft zu viel Alkohol. Im Sommer hingegen kommt der Finne wieder aus seiner Höhle, hebt den Blick und ist kommunikativ, er feiert Feste, er unterhält sich gern, er lebt im Außen. Finnen sind pragmatische Menschen, die nach den natürlichen Gegebenheiten ihres Landes leben.
Päivi erzählt uns von einer Begebenheit in ihrem Sommerhaus, das etwa 150 Kilometer südlich von Oulu im Wald liegt. Ihr Schwiegersohn ging mit seinem Hund spazieren, als dieser plötzlich scheute und sich nah an seinen Herrn drückte. Etwas verwundert über das Verhalten seines Hundes, entdeckte er plötzlich recht unmittelbar vor sich einen Bären.
Nichts Ungewöhnliches in den einsamen Wäldern Finnlands, wo Elche, Wölfe und eben auch Bären leben. Zum Glück weichen Bären den Menschen im Normalfall aus, so verlief auch diese Begegnung unblutig, Herr und Hund kamen mit dem Schrecken davon bzw. mit dem besonderen Erlebnis, einem Bären begegnet zu sein.
Gegen Mitternacht Ortszeit ging der Abend zu Ende. Wir verließen das Restaurant, als die Sonne noch nicht untergangen war, aber der Regen endlich aufgehört hatte.
Nächtliche Stimmung am Nallikari Beach. Die Fotos vom Restaurant und der Uferlandschaft habe ich um 23.30 Uhr aufgenommen.
Am nächsten Tag hatte man noch die Möglichkeit das Museums- und Wissenschaftszentrum Luuppi im Zentrum von Oulu zu besuchen. Um 13.30Uhr gab es einen Abschiedslunch im Lapplandhotel, bei dem wir noch einmal mit lappländischen Spezialitäten wie Rentierhackfleischbällchen verwöhnt wurden. Am Nachmittag ein letzter Spaziergang durch Oulu, hinüber zur Insel Pikisaari, auf der das älteste Haus von Oulu steht, ein altes Holzhaus mit Leuchtturm, noch einmal vorbei am Theater und am ehemaligen Bahnhofsgebäude des deutschen Architekten Engel, eine letzte helle Nacht, bevor wir am nächsten Tag nach Helsinki fliegen, um von dort nach Turku weiterzufahren.
Ein Blick auf die Innenstadt von Oulu mit Theater (rechts), Bibliothek (links), ehemaligem Bahnhof von C.Engel (Mitte) sowie dem Marktplatz.
Dort treffen wir Damen unseres Partnerclubs, mit denen wir im Yachtclub von Turku zu Abend essen und ein paar angenehme Stunden in sehr freundschaftlicher Atmosphäre verbringen. Der
Yachtclub ist ein kleines hübsches Haus, idyllisch gelegen, wieder ein gutes Beispiel für den finnischen Lebensstil – einfach und unprätentiös. Links unten im Bild tauschen Marianne Lennartz und Maj-Briit Varpe die Gastgeschenke aus. Beide Clubs hatten dieselbe Idee und schenkten Servietten.
Nach drei Tagen Turku führt unsere Reise wieder zurück nach Helsinki, wo wir drei weitere Tage verbringen werden und u.a. Gast beim Lyceum Club Helsinki sein dürfen, der in der Innenstadt eine Altbauwohnung besitzt und uns außerordentlich herzlich empfangen und bewirtet hat. Ein herzliches Dankeschön an die beiden Clubs Turku und Helsinki.
Einen wunderbaren Eindruck von unserer weiteren Reisen nach Turku und Helsinki erhalten sie in einem Film, den Heidi und Hubert Esser für Sie zusammengestellt haben und der am 24. Januar 2019 in der Geschäftsstelle des ILC Köln gezeigt wird (siehe Programm). Es war eine wunderbare Idee, die Kulturtage in Oulu für eine längere Reise nach Finnland zu nutzen und ich möchte Heidi Esser sehr herzlich für die Organisation dieser Reise danken. Freuen Sie sich auf den Film, sammeln sie Eindrücke unserer Reise und vielleicht die Anregung, bei einem nächsten internationalen Treffen mit dabei zu sein.