Von Rita Abelein
Unser Reisebericht wird sich dadurch auszeichnen, dass wir kaum Fakten nennen, die in jedem Reiseführer zu finden sind. Wir erzählen von Erlebnissen und Begegnungen, die uns beeindruckt haben oder von denen wir annehmen, dass sie für Sie von Interesse sind.
Kurze Einführung:
Marokko – Land des Sonnenuntergangs, offizieller Name Al Maghrib
Traditionell war das Land von Berbern bewohnt, dann mit der Ausbreitung des Islams wurde es arabisch/osmanisch beeinflusst. Im 19./20. Jahrhundert ist es von Europa geprägt, vor allem von Frankreich. Das Verhältnis war und ist von Toleranz und Achtung geprägt. Drei der vier Königsstädte tragen die Farben der Trikolore:
Weiß – Rabat, Blau – Meknès, Rot – Marrakesch. Fès trägt grün, die Farbe des Propheten. Marokko war von 1912 bis 1956 französisches Protektorat, aber der Sultan war immer das Staatsoberhaupt. Ab 1957 nahm er den Königstitel an. Heute ist Marokko eine konstitutionelle Monarchie mit König Mohammed VI. an der Spitze. Ihm hat das Land eine Verfassungsänderung zu verdanken. Seit 2003 ist die vollkommene Gleichberechtigung der Frau im Gesetz verankert. Wir hörten den aufschlussreichen Vortrag einer Richterin über die Entwicklung – zu Gunsten der Frauen – die nicht nur auf dem Papier bestehe. Dem König wird nach jeder Konferenz, nach jedem Kongress der Segen Allahs gewünscht, ausgeweitet auf seine ganze Familie. So hatte einen solchen Brief auch die Präsidentin des ILC Rabat, Selwa Chraibi Belcadi, aufgesetzt, den sie zum Schluss des Weltkongresses vorlas.
Vom Kölner ILC waren wir 6 Personen, die sich auf den Weg ins Königreich Marokko machten: Heidi Esser (unsere Präsidentin), ihr Mann Hubert Esser, Melitta Erven (unsere Vizepräsidentin), Marianne Lennartz, meine Tochter Barbara Abelein und ich, Rita Abelein. Start war in Düsseldorf, Zwischenlandung in Paris, Landung in Rabat. Die Koffer von Melitta Erven und mir blieben ein paar Stunden länger in Paris, konnten aber am selben Abend noch am Flugplatz abgeholt werden.
Am nächsten Morgen begann das Vorprogramm:
Fès ist die älteste der Königsstädte. Unsere deutschsprachige Gruppe hatte einen hervorragenden Stadtführer, Karim, der ein exzellentes Deutsch sprach. Er hatte noch getarnte Sicherheitsleute organisiert, damit niemand in der unübersichtlichen Medina (Altstadt) verlorenging. Das war sehr umsichtig. Allenthalben erklang der Ruf: „Ballak! Ballak!“, was so viel wie Achtung bedeutet. Dann machte sich ein Lastenträger, ein Karrenfahrer oder ein Maultiertreiber Platz. Ein Geschrei und Geschiebe! Die Gerüche: Unbeschreiblich! Dazwischen zeigte Karim uns immer wieder fantastische Innenhöfe und machte uns auf Besonderheiten aufmerksam.
In Fès wurde die erste Universität Marokkos gegründet: Von einer Frau!
Die Zahl 5 spielt im Islam eine wichtige Rolle: In jedem Stadtviertel müssen vorhanden sein:
- Moschee,
- Brunnen,
- Koranschule (unserm Kindergarten vergleichbar),
- Hammam (Badehaus),
- Bäckerei.
Es gibt 5 Pfeiler der Religion:
- Glaubensbekenntnis (Es gibt keinen Gott außer Gott und Mohammed ist sein Prophet).
- Das tägliche Pflichtgebet (fünfmal am Tag)
- Almosen geben
- Fasten im Ramadan
- Pilgerfahrt nach Mekka.
Karim erklärte uns vor dem Besuch des Basars den Unterschied zwischen „original“ und „echt“. Alle Waren werden „original“ angeboten, meistens sind sie nicht „echt“.
Von Fès fuhren wir nach Meknès, der kleinsten der Königsstädte. Meknès war im Laufe der Zeit auch nur einmal Hauptstadt. Es war einst das Versailles Nordafrikas. Hier stehen das schönste Stadttor und das Mausoleum von Moulay Isma’il, der Sonnenkönig Marokkos. Er lebte so verschwenderisch wie Louis XIV, wollte sogar eine von dessen Töchtern zu seiner 501. Frau machen, aber die hat sich erfolgreich geweigert. Da hat ihr Vater dem marokkanischen Herrscher 2 Standuhren geschenkt, war auch gut. Diese sind noch heute zu besichtigen!
Von Meknès fuhren wir in ca. 1 Stunde nach Volubilis.
Volubilisfahrt, die 1. Wir gelangten mit den Bussen bis vor eine Mauer, durften kurz aussteigen, um einen Blick auf die etwa 2 km entfernte römische Ausgrabungsstätte zu werfen und schon hieß es: „Einsteigen! Jalla! Jalla!“ Warum? Wieso dann überhaupt dorthin? Wer gibt hier die Anweisungen? Es kursierten wilde Gerüchte. Das Rätsel wurde bis zum heutigen Tag nicht völlig gelöst. Dann ging es zurück auf ein Weingut zum Essen.
Dann wurde Volubilisfahrt die 2. angeboten, diesmal mit Eintritt und Führung. Ich gehörte zu den 28 (von über 200), die mitfuhren. Der Besuch hat sich gelohnt. Außerdem konnten wir einen Blick auf Moulay Idriss werfen. Das ist die 1. muslimische Siedlung in Marokko, von hier aus wurde das Land islamisiert. Übrigens hörten wir, dass Marokko das einzige islamische Land ist, in denen Andersgläubige ihre Religion frei ausüben dürfen. Außerdem ist es Muslimen erlaubt, eine Ehe mit jemandem zu schließen, der einer monotheistischen Religion angehört, also z.B. Juden oder Christen, wobei es bei den Christen zunächst schwierig war, wegen der Dreifaltigkeit.
Nachprogramm:
Nach dem Kongress fuhren wir von Rabat nach Marrakesch. Unterwegs waren immer wieder kleine Herden (Ziegen, Schafe, Kühe) zu sehen, alle bewacht von Hirten. Die Dörfer verschmolzen mit der kargen Landschaft. Manche Felder waren abgeerntet, auf andern waren Kolonnen von Erntehelfern beschäftigt. Es wächst aber nur dort etwas, wo es Wasser gibt. In der roten Stadt selbst standen natürlich der Besuch der Medina, des ‘Platzes der Geköpften’ und ein Folklore-Abend auf dem Programm.
Marrakesch ist sehr quirlig, aber auf dem Basar hatten wir den Eindruck, dass alle wussten, dass der Stadtführer Nuur mit unserer Gruppe da war. Wir wurden nicht bedrängt und kaum belästigt. Es war die orientalischste Stadt mit Schlangenbeschwörern und Geschichtenerzählern.
Eine Nacht in der Wüste. Die Wüste Agafay liegt nur 30 km von Marrakesch entfernt. Uns kam die Fahrt dorthin endlos vor. Es war schon dunkel, als wir im Wüstencamp ankamen und mit uns kam ein Sandsturm! Den lauten, freundlichen Empfang einer Musikgruppe konnten wir nicht genießen, wir wollten nur schnell dem Sand entkommen. Wie lange dauert so ein Sandsturm? Vielleicht eine Stunde, einen Tag, eine Woche? Hoffen wir, dass er schnell vorbei ist, inshallah! (So Gott will) Und? Nachdem wir mit dem Essen fertig waren, hatte sich der Sand gelegt, nur noch etwas Wind! Die Zelte waren riesige Stehzelte, versehen mit großzügigen Betten, Dusche, WC mit Wasserspülung! Als Dreingabe gab es die Stille der Wüste.
Am nächsten Morgen nach einem stärkenden Frühstück ging es wieder zurück nach Marrakesch. Der letzte Tag bescherte uns eine Fahrt in den Jardin Majorell, wo Ausstellungsstücke von Yves Saint Laurent und Pierre Bergé zu bewundern sind. Außerdem hielten wir uns im Garten „Zurück ins Paradies“ von André Heller auf. Hier bewegt man sich zwischen Kostbarkeiten von Bäumen, Düften und Kunstwerken. Der Blick auf den hohen Atlas war unserer Gruppe durch Nebel verwehrt. Soll auch traumhaft sein.
Von Marrakesch traten einige der Gruppe schon den Heimflug an. Wir fuhren mit dem Bus nach Rabat, schliefen dort noch eine Nacht und reisten wieder über Paris nach Düsseldorf.
Reisen wir zum nächsten Weltkongress nach Neuseeland? Inshallah!